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10.05.21 –
Sehr geehrter Stadtvorstand,
sehr geehrte Damen und Herren
ich bin wirklich froh über diese Vorlage. Ich selbst bin in der Wohnungslosenhilfe immer wieder tätig und kann nur bestätigen, dass es hier eine Versorgungslücke gab. Reguläre Wohnangebote für Jugendliche enden in der Regel mit dem 18. Lebensjahr.
Die Wohneinrichtungen für Erwachsene beschränken sich auf Einrichtungen der Eingliederungshilfe – entweder für Menschen mit Behinderungen oder Menschen mit psychischen Krankheiten – hier gehört diese Gruppe aber oft nicht hin. Junge Menschen, die müde sind von den Notunterkünften, vom täglichen Umherirren in der Stadt und die auch keine Lust mehr haben, mit den zum Teil wirklich sehr psychisch erkrankten Langzeitwohnungslosen in den Notunterkünften zu leben, gehen manchmal auch in die Einrichtungen für Erwachsene, bleiben aber dort entweder nicht lange, weil sie sich dort auf Dauer nicht wohl fühlen, oder sie kommen aus dem System gar nicht mehr raus. Das muss nicht in jedem Fall so laufen, aber häufig genug.
Deswegen bin ich froh, dass wir endlich gezielt ein Angebot für diese Gruppe schaffen.
Als Sozialpädagogin sehe ich allerdings das Risiko, dass bestimmte junge Menschen von dem Angebot nicht aufgefangen werden.
Das Konzept des Hauses sieht hier ein Stufensystem der Wiedereingliederung vor, die Vorlage selbst spricht von einem „kompetenzabhängigen Wohnbereich“ neben dem Angebot der Notunterkunft. „Kompetenzabhängigkeit“ kann man hier auch mit „Wohnfähigkeit“ übersetzen.
Das heißt: Wohnungslose müssen erst mal unter Beweis stellen, ob sie denn überhaupt wohnfähig sind. Selbst wenn sie es schaffen, diesen Beweis eine Zeit lang zu leisten, kann es sein, dass beispielsweise Faktoren wie Alkohol- und Drogenabhängigkeit oder Mitwirkung diesen Beweis immer wieder in Frage stellen werden und so die Wohnfähigkeit abgesprochen wird. In der Folge wandern Betroffene sehr häufig zwischen Sammelunterkünften und Trainingswohnungen oder anderen Bereichen hin und her.
Ich verweise hier noch einmal auf die Vorlage, die ja auch auf die Careleaver eingeht, „die hilfemüde sind“, dieses Wechseln macht auch müde.
Das Stufensystem ist zwar naheliegend und einleuchtend, weil Überforderungen vermieden werden sollen, indem eben alles Schritt für Schritt – Stufe für Stufe – getan wird. Die Gefahr, dass man auf der Leiter abrutscht, vor dem Hintergrund der zahlreichen Anforderungen, ist aber groß.
Aus dem differenzierten Hilfeangebot wird so schnell eine Aufstiegsleiter, bei der Betroffenen irgendwann die Puste ausgehen kann. Irgendwo oben steht dann als Belohnung eine Wohnung. So landet man schnell wieder in den niederschwelligen Hilfen, wobei niederschwellig leider oftmals gleichbedeutend mit besonderen Beschränkungen von Autonomie und Privatsphäre ist – wir wissen ja auch, dass die Notunterkunft für die jungen Erwachsenen, wie auch die anderen Unterkünfte, keine Einzelzimmer zur Verfügung stellen, sondern eben Mehrbettzimmer.
Das muss alles nicht so sein! Diese Konzepte erzielen auch viele Erfolge, aber wir müssen das im Auge behalten und schauen, ob das Konzept gegebenenfalls irgendwann Anpassungen braucht
Mir ist auch bewusst, dass der Wohnungsmarkt selbst oft nichts Anderes zulässt, da uns einfach der Wohnungsraum fehlt. Und ich hoffe, dass wir langfristig das ambulante Hilfesysteme ausbauen können. Das würde aber auch heißen, dass wir mehr Wohnraum zur Verfügung stellen müssen.
Die Vorlage ist absolut zustimmungswürdig. Wir gehen hier einen wirklich wichtigen Schritt zur Weiterentwicklung der Hilfen für besonders benachteiligte junge Menschen. Ich bin sehr gespannt auf die jährlichen Berichte und bitte jedes Ratsmitglied inständig dieser Vorlage zuzustimmen.
Dinah Hermanns
Sprecherin für Soziales und Wohnen
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