Offener Brief

von Stadtrat Richard Leuckefeld an Frank Jöricke zu seinem Artikel "Exhaus-Lüge und Wahrheit über Egbert, Analyse" im Trierischen Volksfreund, 02.07.2022

04.07.22 –

Lieber Frank Jöricke,

ich schätze deinen Roman und die kleinen Geschichten, die du zu Papier gebracht hast, um uns die Welt zu erklären. Sie sind voller Ironie und erfrischendem Zynismus.

Jetzt habe ich aber im Volksfreund vom 02.07. einen Artikel von dir gelesen, da steht „Analyse“ drüber. Oh, habe ich gedacht, Frank begibt sich in ein neues Genre des Journalismus. Aber nein! Es war wieder eine kleine, nicht allzu nette Geschichte. Subjektiv, zynisch, ohne journalistische „analytische“ Recherche.

Hintergrund der Geschichte ist es, Egbert-Schule und Ex-Haus gegeneinander auszuspielen und den Grünen eins reinzuwürgen. Nebenbei werden auch noch die demokratischen Strukturen in der Stadt in Frage gestellt. Das darf man im Rahmen einer Meinungsäußerung machen, aber wo bleibt die Analyse?

Nach dem Motto „Kurze Beine, kurze Wege“ wurde der Wunsch nach Erhalt der Egbert-Schule von der Bevölkerung des Stadtteils in vollem Umfang unterstützt. Diesen Wunsch machte sich der damalige Ortsvorsteher zu eigen. Du nennst dies Klientelpolitik. Ich nenne es Engagement für den Stadtteil. Das letzteres bei der Bevölkerung auf Zustimmung stößt, zeigt das Ergebnis der  Ortsvorsteherwahl. Der Grüne Kandidat erhielt 66,5 % der Stimmen!

Du forderst, das Gelände Egbert-Schule zu verkaufen und dort Wohnbebauung zu errichten. Das geht aber nicht, weil dort Denkmal- und Grabungsschutzzone ist und die Gefahr besteht, dass das Amphitheater den Status als Weltkulturerbe verliert. Das Problem hatten wir schon in ähnlicher Weise bei der Umgestaltung des Löwenbräu-Areals.

Nächstes Beispiel Ex-Haus! Du schwärmst von den Hoch-Zeiten des Ex-Hauses in den 70iger Jahren. Das war schon eine tolle Sache und einmalig in Rheinland-Pfalz. Aber das ist fast 50 Jahre her, und Jugend- und Kulturarbeit hat sich seither gewandelt. Das musste auch das Ex-Haus-Team schmerzlich erfahren.

In diesem Zusammenhang den Grünen und insbesondere dem Ortsvorsteher von Trier-Nord vorzuwerfen, das Ex-Haus hängen zu lassen, ist absurd.

Das Ex-Haus in alter Form hatte keine Zukunft, und es bestand die Gefahr, dass es abgewickelt wird. Dann wäre das Gelände frei für die von dir andernorts geschätzte Wohnbebauung. Um dies zu verhindern, hat die Stadtratsfraktion der Grünen einen Antrag durchgebracht, der die Bildung eines Arbeitskreises beinhaltet. Dessen Aufgabe ist die Erhaltung des Ex-Hauses in städtischer Hand, die Entwicklung einer künftigen Konzeption u.a. auch für Kultur- und Jugendarbeit in diesen Räumen und nicht zuletzt, die Finanzierungsmöglichkeiten der Sanierung zu erarbeiten. Wir sehen neben dem Bürger*innenbegehren (dessen rechtlicher Status noch nicht geklärt ist)  in dieser fraktionsübergreifenden Zusammenarbeit die einzige Möglichkeit, das Ex-Haus für die Zukunft zu retten.

Kommen wir nun zu deinem kommunalen Demokratieverständnis. Es ist nun mal so, wenn eine Partei nicht die absolute Mehrheit hat, muss sie sich eine Partnerin suchen. Seit es die parlamentarische Demokratie gibt, gilt dieses Prinzip. Die Folge sind Kompromisse, aber auch immer wieder Verhandlungen untereinander, um möglichst viel von seinen eigenen politischen Vorstellungen durchzusetzen. Auch die Zusammenarbeit von CDU und Grüne war davon geprägt. Du hast dies als „Kuhhandel“ bezeichnet. Haben dann alle Koalitionsverträge auf Bundes-, Landes-, oder Kommunalebene den Charakter eines „Kuhhandels“? Wäre dir das Durchregieren einer Partei mit starker Hand lieber?

Des Weiteren schreibst du, man sollte das mit der Demokratie bzw. „Volksherrschaft“ in Trier, besonders auf Verwaltungsebene, nicht so wörtlich nehmen. Du suggerierst, dass demokratisch gefällte Beschlüsse systematisch unterlaufen werden.

Dein Résumé, Politik und Verwaltung handeln gemeinsam gegen Volksinteressen! Da bist du aber ganz nahe bei Verschwörungsmythen und Demokratieskeptikern. 

Lieber Frank, bleib bei dem was du gut kannst. Schreibe schöne, kleine ironische Geschichten. Auf die freue ich mich,

Dein

Richard Leuckefeld

 

 

 

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