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Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Leibe,
die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen bittet um Aufnahme des o.g. Antrages auf die Tagesordnung der Stadtratssitzung am 23. März 2022.
Der Stadtrat möge beschließen:
Der Rat der Stadt Trier möchte den „Bischof Stein Platz“ umbenennen und bittet den Ortsbeirat Trier-Mitte/Gartenfeld um einen Namensvorschlag für die künftige Bezeichnung des Platzes.
Begründung:
Bischof Stein hat in seiner Amtszeit zwischen 1967 und 1980 im Bistum Trier sexuellen Missbrauch durch katholische Geistliche nicht nur gedeckt, sondern die Täter in ihren Ämtern belassen oder an andere Orte versetzt, wo sie erneut übergriffig wurden. Bischof Stein war das Ansehen der katholischen Kirche wichtiger als das Leid der Opfer.
In zwei Fällen konnte man das Fehlverhalten von Bischof Stein konkret nachweisen. 44 weitere Einzelfälle aus der Amtszeit von Bischof Stein sind aktenkundig. Unabhängig davon, wie weit er bei der Vertuschung dieser Fälle involviert war, trägt er als oberster „Arbeitgeber“ die moralische Verantwortung dafür.
Das Bistum Trier zahlte bis heute in 181 Fällen 1,4 Mio. Euro Entschädigung an die Opfer von sexuellem Missbrauch. Zahlreiche dieser Fälle fallen in die Amtszeit von Bischof Stein. Man kann davon ausgehen, dass das Bistum Trier diese Fälle genau prüfte, bevor es zu einer Auszahlung kam.
Auch der Hinweis aus der kirchlichen Kommission und von einem Vertreter im Stadtrat, man müsse das Verhalten von Bischof Stein im zeitlichen Kontext sehen, kann man nicht geltend lassen. Auch in den 60iger und 70iger Jahren war sexueller Missbrauch eine Straftat. Welcher zeitliche Kontext sollte das Vertuschen und die strafrechtliche Vereitelung dieser Verbrechen rechtfertigen?
Es ist davon auszugehen, dass der Stadtrat seinerzeit in Souveränität und auf Grundlage der damaligen Erkenntnisse Bischof Stein die Ehrenbürgerwürde verliehen hat und einen Platz nach ihm benannte. In gleicher Souveränität und auf Grundlage der heutigen Faktenlage und ohne Einfluss kirchlicher Stellen sollte der Stadtrat diese Beschlüsse rückgängig machen.
Seit 2010 ist das unglaubliche Ausmaß des sexuellen Missbrauches in der katholischen Kirche offiziell bekannt. 2019 hat die Opferorganisation MissBit e.V. die Fälle im Bistum Trier dokumentiert. 2020 wurde das erste Mal die Anträge auf Umbenennung des Platzes und Aberkennung der Ehrenbürgerwürde im Stadtrat abgelehnt. 2022 ist das Thema erneut im Stadtrat. Eine Entscheidung des Rates in dieser Sache ist längst überfällig.
Richard Leuckefeld
Stellv. Fraktionsvorsitzender
29.03.22 –
Zu Bischof Bernhard Stein liegt seit 2019 eine umfangreiche Studie vor (→ www.bischof-stein.de). Sie belegt eindeutig seine Mitschuld beim Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Amtsträger der Kirche. Diese Mitschuld wird von niemandem im Rat bezweifelt. Trotzdem hat sich der Stadtrat letzte Woche vor einer Entscheidung gedrückt.
Denn die anderen Fraktionen wollen noch 6 Monate warten, bis ein Teil eines Kirchen-Gutachtens erscheint. Und in der Debatte wurde richtig festgestellt: Ohne unseren Grünen Druck würde das Teilgutachten nicht im Herbst, sondern erst in einigen Jahren erscheinen. Während dessen warten und leiden die Missbrauchsopfer unnötig weiter.
Der Staat hat schon zu lange die Salami-Taktik bei der Aufklärung der Missbrauchsfälle aus Ehrfurcht vor der Kirche geduldet. Die Politik muss endlich souverän entscheiden!
Denn die Kirchen-Kommission ist nicht unabhängig, sondern vom Bischof berufen und nur ihm gegenüber Rechenschaft pflichtig. Und als Chef dieser Kommission erklärte Prof. Gerhard Robbers in einer Anhörung des Stadtrats, dass seine Aufgabe die Bewertung von Bischof Stein aus kirchen-interner Sicht ist. Eine Empfehlung für die Frage nach der Benennung von Plätzen könne der Stadtrat folgerichtig nicht von seiner Kommission erwarten.
Trotzdem hoffen manche Kolleg*innen im Stadtrat, die Kirche würde ihnen im Herbst eine Entscheidung abnehmen. Doch dem ist nicht so! Die Umbenennung eines Platzes ist eine weltliche Aufgabe des Stadtrats und das damit verbundene Zeichen für die Missbrauchsopfer längst überfällig. Wir werden den Antrag in 6 Monaten erneut stellen.
Nancy Rehländer
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