Gemeinsamer Antrag „Serviceorientiertes Bürgeramt – Vertrauen in die Verwaltung stärken“

der Fraktionen B90/Die Grünen, CDU und FDP

09.10.24 –

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Leibe,

für die Stadtratssitzung am 6. November 2024 bitten die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP den gemeinsamen Antrag „Serviceorientiertes Bürgeramt – Vertrauen in die Verwaltung stärken“ auf die Tagesordnung zu setzen.

Der Stadtrat möge beschließen:
Wir empfehlen der Verwaltung die Prüfung folgender Maßnahmen zur bedarfsorientierten Steigerung von Effizienz und Service unseres Bürgeramtes:

  1. Die Einführung eines kombinierten Ansatzes aus digitaler Terminbuchung sowie eines parallelen ad-hoc-Services für Spontanbesuche des Bürgeramts. Dabei sollten über die kompletten Öffnungszeiten des Bürgeramtes ca. 30 % der Servicedesks (d.h. aktuell mindestens 2 von 7) sowie die kurzfristig nicht in Anspruch genommenen digital gebuchten Termine der übrigen Service-Desks („No-shows“) den Spontanbesuchern vorbehalten sein.
  2. Die Etablierung des ad-hoc-Services nach dem „first in – first service“ Prinzip, bei dem die Bürgerinnen und Bürger über eine Nummernvergabe ihre erforderliche Wartezeit im Groben abschätzen können. Dabei sollen sowohl vor Ort als auch auf der Serviceseite des Bürgeramts die aktuellen durchschnittlichen Wartezeiten digital transparent angezeigt werden. Neu ankommende Personen sollen aktiv darüber informiert werden, wenn eine Bearbeitung ihrer Belange an dem jeweiligen Tag vor dem Hintergrund des Serviceaufkommens nicht mehr innerhalb der regulären Öffnungszeiten zu erwarten ist.
  3. Bis zur Reduzierung des bisher aufgestauten Servicebedarfs die Einrichtung zusätzlicher Servicetage auch außerhalb der bisherigen Öffnungszeiten. Zu prüfen sind dabei insbesondere zusätzliche Öffnungszeiten (z.B. Samstagvormittags oder Donnerstagabends). Dafür ist im Bürgeramt zusätzliches Personal vorzuhalten.
    Zusätzlich soll geprüft werden, wie weitere am Standort des Servicecenters zur Verfügung stehende Räumlichkeiten zur Einrichtung weiterer Servicedesks genutzt werden können. Dies auch vor dem Hintergrund, dass in dem ehemaligen Bürgeramt in den Räumlichkeiten der Stadtverwaltung seinerzeit 12 Helpdesks zur Verfügung standen und die aktuell verringerte Verfügbarkeit derselben mit zur aktuellen Situation beigetragen hat. Die Inanspruchnahme dieser zusätzlichen Servicezeiten ist besonders zu evaluieren in Bezug auf eine Verstetigung dieser Leistungen, wobei eine Überlastungssituation für das Personal zu vermeiden ist.
  4. Mit besonderem Fokus die Priorisierung der weiteren Volldigitalisierung von Services, um so die Erforderlichkeit von vor-Ort-Terminen zu reduzieren und die Flexibilität für unsere Bürger*innen zu erhöhen. Dabei sind – neben eigenen Digitalisierungsansätzen – auch die Digitalisierungsangebote des Bundes und der Länder kontinuierlich für das Bürgeramt zu bewerten und bei festgestellter Eignung umzusetzen. Der Anteil in Anspruch genommenen volldigitaler Services ist kontinuierlich transparent zu evaluieren und auszubauen.
  5. Die Zurverfügungstellung hinreichender Sitzgelegenheiten, Wasserspender sowie dem Zugang zu sanitären Anlagen für alle Wartenden im Servicecenter des Bürgeramtes.
  6. Die Gestaltung und Umsetzung der Lösungen im Rahmen eines selbstlernenden und selbstoptimierenden Serviceansatzes. Dies bedeutet, dass unter Berücksichtigung des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter*innen des Bürgeramtes die Auslastung, die Inanspruchnahme von digital vereinbarten sowie ad-hoc in Anspruch genommenen Terminen, Durchlaufzeiten oder auch die in Anspruch genommenen digitalen und vor-Ort-Services für eine Optimierung des Servicecharakters des Bürgeramtes erhoben werden. Eine auf einzelne Personen bezogene Analyse ist dabei explizit und datentechnisch – unter konzeptioneller Einbindung des Personalrates – auszuschließen. Ausgewählte übergreifende Prozessdaten sollen auf der Homepage des Bürgeramtes transparent und aktualisiert abgebildet werden.
  7. Im Dezernat I ist zu prüfen, wie das für das Bürgeramt zuständige Dezernat durch die zentralen Services der Stadtverwaltung bei der Umsetzung der Serviceoffensive durch ausreichendes Personal, Dienstleistungen und Ressourcen sowie die erforderlichen infrastrukturellen Rahmenbedingungen optimal zu unterstützen ist.
  8. Die Bereitstellung erforderlicher finanzieller Mittel zur Umsetzung der Punkte 1-7 im Haushalt.

Der für das Bürgeramt zuständige Dezernent soll dem Stadtrat zeitnah zu den Empfehlungen der vorgeschlagenen Serviceoffensive berichten. Bei einer Umsetzung der Empfehlungen bitten wir um Einbindung des Stadtrats sowie des zuständigen Ausschusses und um regelmäßige Information über die Fortschritte in diesen Gremien.

Begründung:
Das Bürgeramt ist das „Fenster der Verwaltung“ und der „wichtigste Berührungspunkt“ unserer Verwaltung zu den Menschen. Mit dem Bürgeramt wird der Mehrwert von Bürokratie und Verwaltung unserer Kommune für jeden erlebbar. Eine funktionierende Verwaltung stärkt somit nicht zuletzt auch unser Demokratieverständnis und somit das Vertrauen in die Demokratie. Während der Zeit der Corona-Pandemie und der dadurch erforderlich gewordenen Präventionsmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hat unser Bürgeramt in kurzer Zeit reagiert und durch die Einführung digitaler Terminplanung und Services den Fortbestand öffentlicher Dienstleistungen gewährleistet. Die Präventionsmaßnahmen bedingten dabei, dass die Besucher*innen des Bürgeramtes möglichst nicht persönlich miteinander in Kontakt kamen, um so die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Um dies zu gewährleisten, wurde ein digitales Buchungssystem für Termine und Services von der Stadt eingerichtet, was den Anforderungen der Situation gerecht wurde und die städtischen Dienste durchgehend ermöglichte.

Im Anschluss an die Pandemie-Phase hat das Bürgeramt das digitale Buchungssystem für Servicetermine beibehalten und ausgebaut. Jedoch konnte – auch durch die raumbedingte Reduzierung des Angebotes am Viehmarktplatz auf 7 Serviceplätze – der Bedarf an Terminen offensichtlich nicht mehr gedeckt werden, so dass sich die Wartezeiten für einen Termin zwischenzeitlich immer weiter auf z.T. mehrere Monate ausweiteten. Verstärkt wird der Effekt offensichtlich dadurch, dass für einen Servicetermin oft mehrere Termine gebucht werden, um die erforderliche Flexibilität zu gewährleisten, insbesondere in Bezug auf Betreuungs- und Schulzeiten oder beruflichen Umständen, die nicht so lange im Voraus zu planen sind. Kurzfristig ausfallende oder nicht wahrgenommene Termine können im Rahmen des aktuellen Buchungssystems nicht nachbelegt werden, da diese dem Servicecenter nicht vorher bekannt sind und vor Ort keine Flexibilität durch flexibel wartende Antragsteller*innen gegeben ist, die frei gewordene Termine nutzen könnten.

Das aktuell umgesetzte Angebot eines „Offenen Bürgeramtes“, bei dem Bürger*innen jeden Dienstag ohne vorherige Terminvergabe für ihre Serviceanliegen ins Bürgeramt kommen können, hat bereits am ersten Tag den Bedarf für eine flexiblere Terminvergabe mehr als deutlich gemacht und die vorausgehende Bewertung der Situation bestätigt. Der Serviceprozess im Bürgeramt muss diesem Umstand zukünftig Rechnung tragen und sollte die bewährten Errungenschaften eines digitalen Terminkalenders mit der Flexibilität eines ad-hoc-Service vor Ort kombinieren und so die Effizienz der Bürgerdienstleistungen steigern.

Mit freundlichen Grüßen,

gez.                                                                   gez.                                                                   gez.
Nicole Helbig                                                 Thomas Marx                                                Tobias Schneider
Fraktionsvorsitzende                                 Fraktionsvorsitzender                               Fraktionsvorsitzender
Fraktion B90 / Die Grünen                        CDU-Fraktion                                                FDP-Fraktion

 

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